Die Klasse WG_E/3 (11. Klasse des Wirtschaftsgymnasiums) nahm im Rahmen ihres GGK-Unterrichts (Geschichte mit Gemeinschaftskunde) auf Anregung ihrer Fachlehrerin Jasmin Tran an einem einstündigen Online-Interview mit Charlotte Knobloch teil. Dieses fand Ende Januar anlässlich des Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung statt. Hierzu hatten die Klasse vorab Fragen eingesendet. Letztlich nahmen an der digitalen Live-Schaltung mehr als 4.000 Schülerinnen und Schüler aus dem gesamten Bundesgebiet teil
Charlotte Knobloch (1932 in München geboren) machte als Kind ihre ersten Ausgrenzungserfahrungen: „Von einem Tag auf den anderen durfte ich nicht mehr mit den anderen Kindern spielen, da ich ein „Judenkind““, sie sei heulend nach Hause gelaufen und habe gedachte, es sei ihre eigene Schuld. Später sei sie regelmäßig vom Nachbarsjungen angespuckt geworden und habe zunächst gar nicht gewusst, was ein „Jude“ überhaupt sei.
Nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze von 1935 sei ihre Mutter, die aus Liebe zum Judentum konvertiert war, so sehr unter Druck gesetzt worden, dass sie die Familie verlassen habe. Als Kind erinnerte sie sich zudem daran, dass ihre Klavierlehrerin weinend den Unterricht aufgegeben habe, da die Gestapo ihr so sehr zugesetzt hatte und beim „Weiterunterrichten der Judenfamilie ihr das gleiche passiere wie den Juden!”
Charlotte Knobloch berichtete von Männern die des Nachts wertvolle Gegenstände aus der Münchener Wohnung mitnahmen und die beklauten dies sogar quittierten mussten; ihrer Großmutter, die als Ersatz für die Mutter nach München zog, 1942 dann selbst deportiert wurde und zwei Jahre später in einem KZ umkam; ihrer abenteuerlichen Flucht aufs bayerische Land, wo sie als uneheliches Kind einer befreundeten Katholikin Unterschlupf fand, was wiederrum eine große Bürde für die aufnehmende Familie in der dörflichen Gesellschaft gewesen sei. Am Ende des Zweiten Weltkriegs, als die SS das Dorf für mehrere Tage besetzte, versteckte der Pfarrer sie und polnische Zwangsarbeiter in einem Keller: „Es gab gute Menschen, die ihr Leben eingesetzt haben, um mich zu retten!“ Doch auch nach Kriegsende seien Monate vergangenen, bis sie wieder mit ihrem Vater vereint gewesen sei.
Am Ende des Interviews sprach Frau Knobloch von den Lehren der Vergangenheit und wandte sich der Gegenwart zu. Sie warnte vor extremistischen Parteien, die antisemitisch eingestellt seien: „Es würde mir furchtbare Angst einjagen, wenn eine solche Partei regieren würde, sie ist ein Feind unserer Demokratie!“ Damit verband Knobloch einen eindringlichen Appell an die jungen Menschen: „Beschäftigt euch mit der Demokratie! Unterstützt diejenigen Kräfte, die die Demokratie unterstützen! Lasst euch nicht sagen, wen ihr zu lieben und zu hassen habt!“
In der Nachbesprechung zeigten sich die 11. Klässler überrascht: „Es ist krass, wie gut sie sich an alles erinnern kann, obwohl es schon so lange her ist!“ – „Ich fand es schade, dass sie nicht noch intensiver auf die heutige Zeit und die aktuellen Entwicklungen zu sprechen gekommen ist!“ – „Es ist toll, dass sie sich die Zeit genommen hat, um sich mit uns jungen Menschen auszutauschen“
Bericht & Bild: Jasmin Tran & Benjamin Starke